Terranova - Digital Tenderness

Review Terranova - Digital Tenderness

In mein Herz können sich die drei experimentierfreudigen Berliner Fetisch, Shapemod und Xaver Naudascher mit dem vierten Terranova-Album nicht spielen. Dort sind sie nämlich schon längst fest verankert.

Zwölf Stücke lang versuchen sie es wieder und wieder. Mit ruhigerem Songmaterial als auf dem brillanten Vorgänger "Hitchhiking Non-Stop With No Particular Destination". Und melodischerem. Eingängigerem. "Wir wollten mal wieder was für Mädchen machen!", so die Berliner. Und mit Mädchen: So werden sämtliche Stücke von der australischen Wahl-Berlinerin Jayney Klimek intoniert und das gut, sehr sogar.

Und nebenbei sind mit "Common Places" und "Ground Of Original Nature" zwei der besten Stücke des Jahres 2004 auf "Digital Tenderness" vertreten. Terranova bleiben bei mir.


Smith & Mighty - Retrospective

Review Smith & Mighty - Retrospective

Retrospektiven haben zumeist gemein, dass das Werk der Protagonisten im Großen und Ganzen als vollendet zu betrachten ist. Stellt die vorliegende CD also den Abschied der kongenialen DJs Rob Smith und Ray Mighty dar? Hoffentlich nicht!

Die Werkschau über das mittlerweile 15-jährige Schaffen der in Bristol beheimateten Plattenreiter sei einem jeden Freund der Klänge der mittelgroßen Küstenstadt wärmstens ans Herz gelegt. Wer sich an Portishead, Tricky, Massive Attack oder Roni Size erfreuen kann, sollte eiligst auch dieses Werk erwerben. Selbst Besitzern aller bisherigen drei LongPlayer muss aufgrund der Remixe und Bonus-Dreingaben zum Kauf geraten werden. Stücke wie "Come On Back" von Carlton oder "Down In Rwanda", um nur zwei Beispiele zu nennen, zählen qualitativ vermutlich zum Besten, was die gesamte Bristol-Posse jemals produziert hat - wenngleich der kommerzielle Riesenerfolg bislang besagten anderen Bands vorbehalten blieb.

Ich möchte "Retrospective" in der Hoffnung auf weitere derartig famoser Werke lediglich als Zwischen-Resümee betrachten. Top-CD, die übrigens auch als Doppel-Vinyl erhältlich ist!


Archive - Unplugged

Review Archive - Unplugged

Archive unplugged? Das konnte ich mir ersteinmal nicht wirklich vorstellen, zeichneten sich die Vorgänger doch durch ihre Opulenz, durch die Klangwände und die heftigen Gitarrenregen aus. Darius Keele, Craig Walker und Danny Griffiths aber haben es geschafft, diese Stücke nicht nur zu reduzieren, vielmehr glänzt ihre Nacktheit in fälschlicherweise nicht für möglich gehaltener Schönheit warm im Ohr.

Bereits die ersten beiden Stücke nehmen geneigte melancholische Hörer mit ihrem puristischen, fast schon als intim zu bezeichnenden Charme gefangen. Sowohl "Fuck U", in einer Piano-Version, als auch "Noise", begleitet von zwei Akustik-Gitarren, machen schnell deutlich, wie es weitergehen wird. Das Publikum applaudiert bedächtig, Schreie und Pfiffe sind passenderweise nicht zu vernehmen. Diese Atmosphäre bleibt über die gesamten 40 Minuten Laufzeit hinweg erhalten, die Coverversionen von "Girlfriend In Coma" (The Smiths) und "Game Of Pool" von Santa Cruz machen da ebensowenig eine Ausnahme wie das bislang unveröffentlichte Schlussstück "Run".

Ein Festival in der Hamburger Fabrik, bei dem die Turin Brakes, Lambchop, Sophia, Elbow und eben Archive nacheinander oder gemeinsam auftreten - hach, wäre das schön!


Axis Of Justice - Concert Series Volume 1

Review Axis Of Justice - Concert Series Volume 1

Auf dem Cover prangt eine geballte Faust, die auch als Sprühvorlage dienen könnte. Zum Beispiel für Guerillakämpfer oder Globalisierungsgegner. Der Name Axis Of Jusitice ferner lässt auf Schwesterorganisationen von Attac schließen. Ganz falsch liegt man mit dieser Einschätzung nicht, ganz richtig aber auch nicht.

Ein Blick auf die erste Seite des Inlays bringt Aufklärung: "Fifty Years ago diverse artists like Leadbelly, Pete Seeger and Woody Guthrie would share the stage to fight for civil rights, workers rights, human rights. Today a different generation of artists are stepping forward to do the same." Geschrieben und unterzeichnet von Serj Tankian (System Of A Down) und Tom Morello (Rage Against The Machine/Audioslave), den Machern dieser Konzertserie. Ein Blick auf die weiteren Protagonisten lässt das Wasser noch schneller im Munde zusammenlaufen: Flea (Red Hot Chili Peppers ), Maynard James Keenan (A Perfect Cirle), Chris Cornell (Soundgarden/Audioslave), Pete Yorn, Wayne Kramer (DKT/MC5), Jurassic 5...

Und genau darin liegt auch das Problem dieser CD/DVD: Die Erwartungshaltung ist riesig, letztlich allerdings können die wenigsten Coverversionen musikalisch überzeugen. Ob nun bei U2s "Where The Streets Have No Names", Bob Marleys "Get Up, Stand Up" oder "Chimes Of Freedom" von Bob Dylan - herausgekommen sind bestenfalls mittelmäßige Performances von euphorischen Musikern, die ich gern einmal gemeinsam live erlebt hätte. Sowohl die CD, als auch die DVD hingegen können mit ihren Bild- und Tonkonserven letztenendes leider nicht gänzlich überzeugen.

Dennoch: Die Axis Of Freedom, äh, Justice, ist vom Ansatz her ein richtig guter und wichtiger Schritt, den es zu unterstützen gilt. Für Fans der genannten Bands allein der Vollständigkeit halber ein Pflichtkauf.