Interview mit Sarah Bettens

"K's Choice ist nach wie vor in mir."

Die markante Stimme von K's Choice veröffentlicht ihr Solo-Album auf einem Indie-Label. Ist die Band, mit der sie groß wurde, damit tot? Spielt sie zukünftig wieder in kleinen Clubs? Zeit für ein Gespräch mit Sarah Bettens!



?: Hallo Sarah, was für Musik haben deine Eltern gehört?
!: Hmm, sie haben die Beatles, Simon & Garfunkel gehört, mein Papa gelegentlich auch Opern - das war für uns allerdings nicht so interessant.
?: Mögen deine Eltern denn deine Musik?
!: Ja, das tun sie. Mein Papa hört zwar mehr klassische Musik, kann aber Pop-Musik mit Substanz durchaus erkennen. Sie kommen auch gerne zu den Shows.
?: Und was war dein erstes Konzert? Mit deinen Eltern womöglich?
!: Nee, das erste Konzert, das ich erleben durfte, war eines von Tina Turner und da war ich mit meinem damaligen Freund. Ich muss so ungerfähr 14 oder 15 Jahre alt gewesen sein und erinnere mich noch recht gut daran - wir standen ganz vorne, nur etwa fünf, sechs Meter von ihr entfernt - sie war einfach großartig!
?: Tina Turner ist mittlerweile 65 Jahre alt, ganz so weit müssen wir ja nicht in die Zukunft schauen - glaubst du also, dass du in zehn Jahren noch Musik Musik machen wirst?
!: Ich hoffe es sehr! Vor etwa drei Jahren habe ich nicht wirklich daran geglaubt, heute habe ich neue Energie. Vielleicht muss ich nicht mehr so viel Touren, kann mir ein Leben ohne Musik aber nicht mehr vorstellen.
?: Sind Konzerte denn so anstrengend?
!: Eine Tour ist immer anstrengend und außerdem hat man wenig Zeit, selber mal auf ein Konzert zu gehen...
?: Welches Konzert hast du denn zuletzt besucht?
!: In Atlanta habe ich mir ein Konzert von Freunden von mir angeschaut, die eine neue Country-Band namens Sugarland [klick] gegründet haben. In Europa dürfte die Band aber unbekannt sein - die machen richtig amerikanischen Country...
?: Stimmt, die kenne ich nicht, habe aber gerade gestern eine deutsche Band interviewt, die auch eine Art Country spielt: Fink...
!: Cool, ich wusste nicht, dass es in Deutschland Country-Bands gibt!
?: Mit wem würdest du denn gerne mal auf einem Festival spielen, wenn du das LineUp bestimmen könntest?
!: Oh Gott! (Sarah überlegt eine Weile, Anm.d.A.) Jet, Skin...
?: ...mit oder ohne Skunk Anansie?
!: Ich liebe ihr Album und habe sie noch nie solo gesehen - da bin ich neugierig. Beim Festival würde ich mir dann noch die Red Hot Chili Peppers und die Indigo Girls wünschen. Das wäre doch ein cooles LineUp, oder?
?: Unbedingt, ich will ein VIP-Ticket!
Themenwechsel: Du promotest momentan dein Solo-Album - nervt es dich, dass du ständig auf K's Choice angesprochen wirst?

!: Nein, das ist in Ordnung. Es ist ja nicht so, dass wir plötzlich im Bösen auseinander gegangen sind. Vielmehr haben mein Bruder und ich ganz locker beschlossen, erstmal unseren Solo-Platten nachzugehen. K's Choice war bislang mein Leben als Erwachsene, das ist alles, was ich bisher gemacht habe. Natürlich habe ich großartige Erinnerungen und es ist nicht endgültig abgeschlossen, K's Choice ist nach wie vor in mir. Nur ist es momentan eben nicht das richtige Vehikel für das, was ich gerade mache. Momentan bin ich sehr gespannt darauf, was mit meiner Musik passieren wird.
?: Es ist aber ja schon merkwürdig, oder? In Amerika seid ihr gerade noch als K's Choice auf Tour gewesen und habt eure DVD/CD "Ten" präsentiert, während du in Europa fast zeitgleich dein Solo-Album promotest...
!: Ich weiß, dass das ein bisschen komisch ist, liegt aber daran, dass "Ten" in den Staaten ein Jahr später erschienen ist als in Europa. Zeitgleich haben mein Bruder und ich aber schon an unseren Solo-Alben gearbeitet. Die gemeinsame US-Tour war somit schon ein bisschen komisch, hat aber trotzdem viel Spaß gemacht.
?: Wir können uns also auf eine Sarah-Bettens-Europa-Tour freuen?
!: Ja, mittlerweile sind einige Festival-Gigs bestätigt.
?: Magst du keine Club-Konzerte?
!: Doch, sehr! Die ist geplant für September/Oktober 2005 - jetzt müssen wir aber erstmal den Erfolg der Platte abwarten!
?: Wirst du von dem Geld, das "Scream" einbringen wird, leben können?
!: Ich hoffe es sehr, seit K's Choice, also seit zwölf Jahren, hatte ich noch nie einen "normalen" Job. Es wäre wirklich schön, wenn das weiter so funktionieren würde.
?: Bis zur Veröffentlichung des Albums hat es nun mehr als eineinhalb Jahre gedauert, unter anderem hast du in dieser Zeit das Label gewechselt. War diese Entscheidung, rückwirkend betrachtet, die richtige?
!: Es bleibt abzuwarten, wie "Scream" sich entwickeln wird. Bis jetzt war alles super. Ich kann entscheiden, was passiert und gebe nicht nur ein Produkt in die Hände mir "fremder" Menschen, nach dem Motto: "Macht damit, was ihr wollt!" Ich bin Teil jeden Prozesses, auch des geschäftlichen - mehr denn je. Es war und ist ein kleineres Team, in das ich mich jedoch intensiver einbringen konnte.
?: Das war bei K's Choice also nicht immer der Fall?
!: Wir wurden von Sony Music Belgien gesigned. Das heißt, dass das Album auch in Deutschland und Frankreich veröffentlicht wird, selbst wenn Sony Music Deutschland oder Sony Music Frankreich das Produkt nicht so toll findet und diese Konstellation kann schon mal zu Problemen führen. Mit einem Indie-Label ist das anders. Es gibt verschiedene Distributoren für jedes Land und jeder dieser Vertriebe bringt einen gewissen Enthusiasmus mit sich - sonst würden sie es gar nicht aufnehmen! Das ist eine gute Erfahrung. Außerdem bin ich ein bisschen Stolz darauf, dass wir hier nach amerikanischem Vorbild die ersten Street-Teams organisieren. Ich habe hohe Erwartungen, dass die Menschen auf diese noch recht ungewöhnliche Art und Weise Notiz von "Scream" nehmen!
?: Aber ist schon mit erheblich mehr Arbeit verbunden als mit einem Major im Rücken, oder?
!: Ja, das ist es natürlich! Aber das ist gut so, weil ich viel näher am Geschenen dran bin. Unser Gespräch führe ich beispielsweise für meine Platte. Das war nicht immer so, einige Gespräche habe ich für Sony Music geführt...
?: War der Prozess des Songwritings für "Scream" denn ein anderer als bei K's Choice?
!: Ich glaube, ich habe viel dazu gelernt. Sämtliche Texte stammen von mir, auch bei den Stücken, die ich nur mit geschrieben habe. Das Bewusstsein, dass sie ausschließlich für mein eigenes Album bestimmt sind, hat meiner Ansicht nach dazu geführt, dass ich emotionaler tiefer eingestiegen bin. Es sind jetzt meine eigenen Songs, die in den letzten zweieinhalb Jahren entstanden sind.
?: Und wieviele Songs haben es nicht bis auf "Scream" geschafft?
!: Ungefähr 30 Stücke habe ich geschrieben - also ungefähr die Hälfte.
?: Was passiert mit den restlichen Stücken - schmeißt du die in den Müll?
!: Nein, die behalte ich im Hinterkopf. Vielleicht bittet mich jemand um einen Beitrag für einen Film oder ich gebe sie einem anderen Künstler weiter, der dazu singen kann...
?: Welcher Song auf "Scream" ist dein Lieblings-Song?
!: Puh, das wechselt ständig. Momentan ist es "Not Insane". Ich liebe diesen Song, er ist inhaltlich sehr nah an mir dran. Es geht um Intoleranz und beinhaltet viele Dinge, die ich dringlich los werden wollte! Außerdem mag ich "Don't Let Me Drag You Down" sehr.
?: Sarah, ich danke dir für das Gespräch!
!: Oh, ich habe zu danken!